Was passiert, wenn man 2 Berliner aufeinanderlegt und jeweils um 45° rotiert? Es entsteht ein Zelt mit 8 Firsten, häufig als Oktagon bezeichnet, bei dem die Blachenspitzen gerade noch den Boden berühren. Doch was passiert, wenn man 4 Berliner aufeinanderlegt und jeweils um 22.5° rotiert? Es entsteht ein Zelt mit 16 Firsten, luftigen Eingängen und schwebenden Blachen. Fürs Pfadi Folk Fest (PFF) 2019 in Stäfa entwickelten wir ein kreisrundes Zelt, Zyklos getauft.

Geometrisch handelt es sich beim Zyklos um einen 16-First, das Netz ist nahezu ein regelmässiges Oktagon. Die Dachneigung haben wir auf mutige 12° auf den Firsten angesetzt und entsprechend 14° in den Blachenfalten. Bei solch flachen Dächern wird Windsog ein Thema – auf ca. 80% der Fläche herrschte Windsog und nur ca. auf 20% Winddruck. Schwanzschnüre schaffen hier Abhilfe. Die Berechnung der Geometrie gestaltet sich vergleichsweise einfach: Aufgrund der hohen Symmetrie sind nur 3 Firstpunkte sowie 3 Abspannpunkte zu rechnen; die einzigen Variablen sind nebst der Blachenabwicklung die Nachneigung und die Zelthöhe, und beide Parameter lassen sich unabhängig voneinander einstellen.

Aufbau auf Biegen und Brechen

Unvergessen bleibt der Aufbau am PFF19: Zur gleichen Zeit bauten wir in Härkingen fürs Kulti 2019 der Jubla auf und waren daher nur zu zweit auf Platz mit einer Schar motivierter Pfader – ein gewagtes Unterfangen, das bei guten Bedingungen in der Vergangenheit problemlos funktioniert hat. Doch die Bedingungen waren alles andere als optimal: Nach ca. 50cm Erdreich stiessen wir auf Felsen, sodass unsere Erdnägel nur bis zur Hälfte eingetrieben werden konnten. Abhilfe schaffte ein 26mm-Steinbohrer, was sich als eine sehr mühselige, zeitraubende und kraftraubende Arbeit entpuppte. Bewaffnet mit einer sehr guten Hilti-Bohrmaschine des Zivilschutzes dachten wir, dass diese 100 Löcher schnell gebohrt sein würden. Doch weit gefehlt: Aufgrund des Bodenaufbaus (zuerst Wiese, danach Lehm) entstand sehr viel Reibung auf der gesamten Bohrlänge und das Bohren wurde dadurch stark gebremst. Die Bohrmaschine überhitzte ständig, und die hohen Temperaturen und Sonne führte dazu, dass wir zu dritt unterwegs waren beim Bohren: Einer bediente die Bohrmaschine, ein zweiter den Sonnenschirm, und ein dritter einen Staubsauger, mit dem wir die Maschine aktiv kühlten. Das Bohren der rund 100 Löchern (25 Ankerplatten * 4 Erdnägel) wurde so zu einer Qual, und da man ohne Abspannungen keine Masten aufstellen kann, verzögerte sich der ganze Aufbau extrem. Schlussendlich brauchten wir 2 Tage (anstelle 0.5 Tage), nur um die Erdnägel+Ankerplatten zu montieren, und der ganze Aufbau dauerte 1.5 Tage länger als geplant.

Momente für die Ewigkeit

Unvergesslich waren aber auch die guten Momente während des Aufbaus: Ein Sonntagabend mit hochmotivierte Pfadern, die das Zelt im Stirnlampen- und Mondschein fertigspannten bis in die Nacht hinein, perfekt gekochte und organisierte Mahlzeiten, wunderschöne Abende im Helferlager, und ein Mittagessen mit den Freunden von Walden outdoor sowie Zelthangar, wo sich das junge Outdoorsolutions und die innovativen Zeltbauer beschnupperten.

Platz für 2100 Personen

Mit unglaublichen 700m² bietet der Zyklos Platz für 2100 locker stehende Personen und ist damit unser flächenmässig bisher grösstes Zelt, und benötigt dafür lediglich 340 Blachen. Os-intern ist der Zyklos ein Türenöffner für Zelte in beliebigen Formen – er lässt sich beispielsweise mit einem First kombinieren…