Im Rahmen der Entwicklung von Grosszelten haltet wir stets Ausschau nach bestehenden Zelten und neuen geometrischen Figuren, aus denen Zelte mit Militärblachen gebaut werden können. Durchs Kennen+Können (KuK) blätternd, sind wir auf ein Pyramidenzelt aufmerksam geworden. Es ist als kreisrundes Zelt dargestellt – in der geometrischen Figur ist dieses Zelt ein Kegel, der sich wunderbar mit Blachen aufbauen lässt.

Verknüpfbarkeit

Um die Realisierbarkeit mit Blachen zu gewährleisten, muss das Netz (die Mantelfläche) einer Blachenbaute gewisse Bedingungen erfüllen. Eine davon ist die Verknüpfbarkeit: Die äusseren Kanten von durchgehenden Flächen des Netzes müssen zueinander einen Winkel eines Vielfachen von 90° haben. Anschauliches Beispiel, um diese Bedingung zu erfüllen: Ein 90°-Raster über die Blachenabwicklung legen, und schauen, ob die äusseren Kanten auf dem Raster liegen. Bei einem Sarasani beispielsweise haben die beiden äusseren Kanten zueinander einen Winkel von 270°, das Zelt ist somit verknüpfbar.

Geometrie

Das Netz eines Kegels ist ein Kreissektor, und damit die Blachen bei der Naht des Mantels wieder miteinander verknüpft werden können, muss der Kreissektor entweder einen Zentriwinkel von 270°, 180° oder 90° haben. Ein Winkel von 270° erinnert sehr stark an einen Sarasani, während ein Winkel von 180° an ein spitziges Tippizelt erinnert. Ein Winkel von 90° ist ungefähr so spitz wie ein Erdbeercornet und aufgrund der schlechten Blachenausnutzung eher uninteressant als Aufenthaltszelt.

Circus 414

Für den kantonalen Grossanlass der Jubla Zürich über Pfingsten 2022 haben wir ein Kegelzelt mit einem Zentriwinkel von 270° entwickelt. Den Kegel approximierten wir über 15 Kanten, und am Ende des Kegels ist ein Zylinder mit einer Höhe von 2 Blachen angebracht, um eine angenehme Raumhöhe zu erreichen.

Ein Zirkusbühne sollte in der Mitte des Zeltes stehen – der Mittelmasten musste also raus. Wir entschieden uns für einen Bock aus zwei Rundhölzern, was die Mastkonstruktion deutlich anspruchsvoller und interessanter machte: 15 Tragspannset genau auf der selben Höhe an einem Bock anzuschlagen klappt mit der herkömmlichen Methode (Ankerstich mit Rundschlinge) nicht. Wir entschieden uns dafür, den Überkreuzungspunkt des Bockes etwas oberhalb der theoretischen Zelthöhe zu realisieren, und sahen uns nun mit der Problematik konfrontiert, dass einige Tragspannset «in der Luft» angeschlagen werden mussten. Dieses Problem lösten wir, in dem wir wie bei einer Steinschleuder die Spannset per Y auf beide Masten verteilten, und dabei die Winkel nicht zu stumpf werden liessen.
Die beiden Rundhölzer wurden nun auf Biegen+Knicken belastet. Ein Rundholzbalken auf halber Knicklänge, den wir einerseits mit einem Stahldorn und andererseits mit einem Kreisbund gesichert hatten, schaffte Abhilfe. Nebenbei konnte dieses Rundholz hervorragend für die Zirkusshow genutzt werden fürs Anschlagen von Seilen und Vertikaltüchern.